Fall 1

Ein Patient, 46 Jahre alt, sucht meine Sprechstunde auf. Konsultationsgrund: Rückenschmerzen in der Lendenwirbelsäule, die sich besonders morgens gleich nach dem Aufstehen manifestieren, dann aber bei Bewegung allmählich nachlassen. Außerdem würde der Patient unter einem rechten Tennisarm" (Epicondylitis) leiden.

In der Anamnese (Besprechung der Krankheitsgeschichte) erfahre ich durch gezieltes Fragen, dass es in der Vergangenheit eine Blinddarm OP mit 17 gab und die Mandeln zuvor in der Kindheit entfernt wurden. Nach den Mahlzeiten gibt es oft ein übermäßiges Völlegefühl und die Hände würden gelegentlich nachts auch einschlafen.

In der ostepathischen Untersuchung ergab sich eine druckdolente (druckschmerzhafte) Leber; auch die Zwerchfellkuppel war sehr fest. Dies macht aus einer osteopathischen Denkweise Sinn mit den Rückschmerzen morgens und den Sensibilitätsstörungen nachts: ist die Leber gestaut, so staut über ein venöses System (lat. Azygossystem) das Blut in den Lendenwirbeln, das eigentlich über die Leber drainiert wird. Nachts liegt der Patient in der horizontale, sodass die Wirbel sich mit Blut füllen. Wenn morgens der Patient aufsteht kommt es zu Schmerzen, weil die Wirbelkörper mit venösen Blut gestaut sind; die Bewegung führt dazu, das die Wirbelkörper langsam anfangen sich zu entlasten. Das Zwerchfell hingegen kann über die anatomischen Ketten der Lunge und Schultern, bei starker Spannung, die Blutgefäße leicht abklemmen, was zu kribbeln" in den Händen führt. Auch Nervenfasern ziehen hier entlang, die die oberen Extremitäten versorgen.

Während der Behandlung versuchte ich dann die Leber manuell zu entstauen. Dafür lass ich in der ersten Sitzung den Patienten am liebsten auf dem Rücken liegen und fasse leicht unter den rechten Rippenbogen. Als ich anfing den Patienten mit diesem Griff in seiner Leber atmen zu lassen fing er nach ca. einer halben Minute an zu weinen...ohne einen besonderen Anlass. Auch Organe können Gefühle eines Menschen abspeichern, besonders wenn es um Gefühle geht, die nicht zum Ausdruck gekommen sind und sich dann dort ablagern.

Die Leber hat die Aufgabe die Inhalte des Magen-Darmtraktes, in Form von Mineralien, Vitaminen, Medikamenten und anderen Stoffen, zu sammeln. Analog betrachtet kam bei dieser Reaktion des Patienten dann bei mir die Frage auf welche Inhalte in der Vergangenheit Emotional und Psychisch nicht gesammelt werden konnten. Daraufhin fragte ich den Patienten wie das Verhältnis zum eigenen Vater wäre. Dieser hatte laut seiner Aussage ihn und die Mutter des Patienten verlassen, als dieser 2 Jahre alt war. Weiter berichtete er weinend dass er eine große Leere plötzlich verspüren würde. Diese Leere galt aus meiner Erkenntnis dem fehlenden Vater, der seinen Sohn und seine Frau nicht an die Hand genommen hat um Ihnen die Welt zu zeigen und um als Alphatier seinem Sohn zu zeigen welche Inhalte das Leben für ihn bereitgestellt hat.

Ich ließ dem Patienten an diesem Punkt die Augen schließen und fragte ihn was er seinem Vater denn heute noch mit-teilen wolle, wenn dieser anwesend wäre um seinen Sohn zuzuhören. Da packte der Patient trauer und Wut gegenüber seinem Vater aus. Zum Schluss ließ ich Ihn noch eine Versöhnung aussprechen und trennte den Patienten von seinem Vater emotional, damit er seinen eigenen Weg finden und gehen kann. Dies war ein sehr schwieriger Schritt, da die Liebe der Kinder gegenüber ihren Eltern, und damit auch die Bindung, ein Leben lang besteht.

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